Frauen sollen es angeblich können. Multitasking. Mehrere Sachen gleichzeitig machen. Wie Computer. Doch die können es eigentlich auch nicht, sondern tun nur so (es sei denn, es sind Multiprozessorrechner).
Du telefonierst und checkst gleichzeitig mails oder Blogs? Im Hintergrund läuft Musik und du trinkst einen Kaffee. Dann kommt ein Kollege oder dein Kind rein und spricht dich an. Das Telefon klingelt auf der anderen Leitung. Irgendwo im Hinterkopf fällt dir siedend heiß ein, dass du noch eine Aufgabe vergessen hast… DAS ist alltägliches Multitasking.
Frauen wie Männer brennen daran aus. Miriam Meckel ist Professorin und hat über ihren Burn-Out ein Buch geschrieben (inwieweit ihre permanenten Talk-Show-Auftritte beim burn-out hilfreich sind… bleibt zu fragen). Für sie ist das Multitasking eine Geißel unserer Gesellschaft. Es ist nachgewiesen, dass man uneffektiver ist, wenn man mehrere Sachen gleichzeitig macht. Bei einem Autofahrer verschlechtert sich die Reaktionszeit bei gleichzeitigem Telefonieren auf das Maß eines Angetrunkenen mit 0,8 Promille. Warum? Weil unser Hirn nicht gleichzeitig arbeiten kann, sondern ganz schnell (ähnlich wie ein Prozessor) hin und her schaltet zwischen den verschiedenen Anforderungen. Dass dabei Kraft verloren geht, ist nachvollziehbar.
Und dann die Stille. Dass wir Gott erkennen (im Hebräischen: ganzheitlich und intim begegnen), das hat mit der Fähigkeit und der Möglichkeit zur Stille zu tun.
Psalm 46,11: Seid stille (besser aus dem Hebräischen: lasst los, lasst ab, macht Frieden) und erkennet, dass ich Gott bin!
Zahlreiche Verse ließen sich hier nennen. Gerade wenn ich aufhöre, Gott im Gebet zuzulabern, wenn es still wird (sprich: wenn ich in die Kontemplation hinüber gleite), dann stelle ich fest, wie unruhig das Herz in mir ist. Meine Seele rotiert und schnattert und versucht krampfhaft zwischen verschiedenen Dingen hin- und her zu switchen. Eine Fokussierung auf die reine, im besten Sinne zweck-lose Gegenwart des Vaters scheint unmöglich, geschweige denn ein Loslassen auch noch dieser Fokussierung in eine Stille vor dem Vater. So wie sich zwei Verliebte wortlos anschauen. Wo Gott (zum Beispiel in der lectio divina) sein Wort ganz tief in mir heilend verankern darf…
Wir kommen nicht umhin, Rituale zu finden, um unser Herz herunter zu fahren, abzubremsen und auch vielleicht den Alltag linearer zu gestalten und weniger parallel. Multitasking mag sich „cool“ anfühlen und wichtig… – es zerstört unsere Stille, denn das Ziel ist ein anderes:
Psalm 131,2: Still und ruhig ist mein Herz, so wie ein sattes Kind im Arm der Mutter – still wie ein solches Kind bin ich geworden.
Berührt mich grad ganz arg…
ja..diese „Beschäftigungstrainer“… alle angestellt um die Gemeinschaft mit Gott zu stören…
Sprachengebet bringt mich schnell zur Ruhe, weil da mein Verstand „fruchtleer“ ist…er hört auf zu schnattern… das gefällt mir sehr gut, das Geheimnisse reden mit Gott..
Psalmenlesen hilft mir auch… Singen…. mit Gott nen Kaffee zusammen trinken…
und körperliche Unruhe ableiten mit Bewegung, bis ein bestimmter Entspannungslevel erreicht ist..
Das mit dem Multitasking sehe ich auch so.
Trotzdem klingt mir das irgendwie zu sehr in Richtung Buddhismus, wenn du von vom Loslassen und den Ritualen schreibst.
Wenn das „Ruhen in Gott“ nicht zur Grundlage auch für den Alltag wird, werden auch die Rituale nicht dauerhaft den erwarteten Erfolg haben, meine ich.
Ich finde es sehr schön, dass du auf die Psalmen hingewiesen hast, darin wird viel besser (als z.B. in den Pauls-Briefen) deutlich, auf was es wirklich ankommt: auf Gott.
Hi toex – Kontemplation und Aktion sind ein notwendiges Spannungsfeld (Richard Rohr). Ich glaube, wir fallen zuerst von der Aktionsseite vom Pferd… und diese ist nicht effektiv, weil sie wahrscheinlich nicht wirklich in Gottes Willen geerdet ist. Meine Erfahrung ist zunehmend, dass wir wieder lernen müssen, auf Gott zu hören – das müssen wir allerdings in der Stille lernen.
Stille zuzulassen – viele können das nicht, weil sie Angst davor haben. Angst, mit sich selber allein zu sein. Ich bemerke das immer wieder: wenn ich mit Bekannten telefoniere – wie viele haben im Hintergrund den Fernseher laufen. Und ich merke an dem Wortstocken, oder den vielen „äh äh“s, daß sie dem TV lauschen, und nicht mehr der Unterhaltung folgen.
Unwürdig. Verachtend. Mißachtend.
Ich habe meine Gebetszeit bewußt. Ich schließe meine Wohnzimmertür. Manchmal stöpsel ich das Telefon aus. Das Handy ist dann tot. Ich konzentriere mich bewußt.
Danke auch für Deinen Satz „Gott im Gebet zulabern“. Er nahm mir den Druck, Worte finden zu MÜSSEN :-). Manchmal kommt mir in der Stille nämlich nur der Gedanke „Danke“ ins Hirn. Das schien mir immer sowenig!
Ab heute nicht mehr :-).
Segen!
ich komme gerade von einem stillen Wochenende – und ich war verblüfft, wie tief ich diese Ruhe empfunden habe und daß wo ich mit manchen stilistischen Dingen vor Ort nichts anfangen konnte. Die drei Tage wirkten erholungstechnisch wie mind. 2 Wochen. Diese Stille möchte ich irgendwie „hinüberretten“ besser installieren. Wie? Noch weiß ich es nicht.
Endlich erlebte auch ich es mal, daß es nicht um ein konkretes Ziel ging, daß man mit Koordinaten kennzeichnen kann, sondern „nur“ mit dem Ziel „Gott begegnen“ und das kann ganz unterschiedlich aussehen. Und ja, ich glaube ich habe auch Freunde dort gefunden.
Hi shasta!! Hier hilft gerade vielen bei uns die lectio divina und als Hilfestellung das empfohlene Buch „Komm in die Stille“. Sich Gottes Wort aussetzen, den Teil finden, mit dem Gott gerade etwas ansprechen möchte und dann still werden in der Gegenwart des Herrn. Nicht wenige berichten, dass es sie Stück für Stück auch im Alltag anders, stiller, hörender sein lässt…
Das mit der Stille ist für mich manchmal nicht einfach. Manchmal fühle ich mich so getrieben von der Welt, so gefangen in Sorgen oder „ToDo-Lists“, dass ich es gar nicht mehr schaffe zu beten.
Ich kann einfach nicht. Habe das Gefühl innerlich zu explodieren. Manchmal lauf ich dann etwas im Kreis oder fang an weiter in der Bibel zu lesen – das holt mich dann meistens soweit runter (normalerweise bete ich vor dem lesen), dass ich mich doch Gott nähern kann.
Ohne Stille aber, fühlt sich mein Gebet leer an.
Hallo Wegbegleiter! Ja, ich befürchte auch, dass wir zu oft von der Aktionsseite vom Pferd fallen. Die Stille kann aber auch eine Art von Aktion werden, vor allem, wenn sie in Ritualen verabreicht wird. Darauf wollte ich nur hinweisen.
Außerdem glaube ich nicht, dass wir unbedingt Stille brauchen, um Gott zu verstehen, sondern viel mehr die Bereitschaft dazu. Ich finde es wichtig damit nicht nur im Gottesdienst oder im Gebet zu rechnen, sondern auch im Alltäglichen (z.B. durch die Kassiererin im Supermark oder die Werbung an der Bushaltestelle) Gottes reden zu erwarten.
Die Stille sollte kein Mittel zum Zweck sein, sondern ein Ausdruck der Geborgenheit in Gott. Nicht etwas wo man sich hin begibt, sondern etwas wo man her kommt.
Ja! Gute Kontemplation ist auch mitten im Alltag möglich – selbst im Gespräch mit der Kassiererin kann man gleichzeitig ganz im Geist sein und fokussiert auf Gott. Die Stille sehe ich als Mittel, als Freiraum und nicht als Ziel, das ich wieder zur Leistung verwandle – aber das geschieht natürlich schnell… Segen!
Solche Beiträge und Gedanken sind Balsam für meine Seele! Jahrelang habe ich immer wieder Spott geerntet, wenn ich freimütig – manchmal aus schierer Verzweiflung heraus – offen eingestanden habe, nicht multitaskingfähig zu sein. Schön, dass sich die neueren Erkenntisse aus der Hirnforschung nun langsam herumsprechen und sequenziellen Ver- und Bearbeitern wie mir, nachträglich Entlastung zuteil werden lassen 😉
Grüßle, Sec
Den Seinen schenkts der Herr im Schlaf… auch das sollten wir nciht vergessen.
Äh – gute und gesegnete Nacht! 😉
Miriam Meckel hat gestern in der Sendung Scala im WDR 5 von ihren Erfahrungen des Burnout, Überlastung und Multitasking gesprochen. Dinge, die es zu bedenken oder zu regeln gilt, nachts aufwachen mit der Sorge etwas vergessen zu haben, vom Leben auf Reisen, ständig mit dem Flugzeug unterwegs und anderen Belastungen. Sie hat auch aus ihrem Buch vorgelesen.
In einer Fernsehsendung des WDR mit Ranga Yogeshwar vor einigen Wochen hat ein Test gezeigt, dass niemand gut mit der Belastung Multitasking zurecht kommt.
Es geht mir auch so, Multitasking kann ich nur kurzzeitig aushalten und auch ich kenne Burnout, wie mittlerweile viele Menschen.
Miriam Meckel hat gestern von 300 bis 400 email-Antworten gesprochen, die ebenfalls aus eigener Erfahrung über Burnout berichteten oder es im Bekanntenkreis erlebt haben.