Das Naheliegende nicht sehen oder: Warum Verstand den Glauben nicht begründet.

(Entwurf Radioandacht MDR)
Sherlock Holmes und Dr. Watson gehen auf Campingtour. Nach einer guten Mahlzeit machen sie sich fertig für die Nacht. Einige Stunden später wacht Holmes plötzlich auf and schüttelt Watson aus dem Schlaf. „Watson, schauen Sie mal hoch und sagen Sie mir, was Sie sehen“. Watson antwortet: „Ich sehe Millionen von Sternen, Mr. Holmes“. „Was sagt Ihnen das, Watson?“ „Astronomisch sagt es mir, dass es Millionen von Galaxien und Milliarden von Planeten gibt. Hinsichtlich der Zeitrechnung schließe ich, dass es Viertel nach drei nachts ist. Theologisch kann ich sehen, dass Gott allmächtig ist und wir klein und unbedeutend. Meteorologisch schätze ich, dass wir morgen einen schönen Tag haben werden. Und: Was sagt es IHNEN, Mr. Holmes?“ Holmes schweigt eine Minute und meint dann: „Watson, Sie Idiot! Jemand hat unser Zelt geklaut!“
Da sieht Watson das Naheliegende, Einfache nicht, weil er versucht, das Komplexe dahinter zu ergründen. Sherlock hat ihn ziemlich aufs Glatteis geführt. Der Sherlock, der ja selbst mit seinem Verstand oft scheitert, wenn es auf das Naheliegende ankommt: menschliche Beziehungen. Die Bibel sagt: „Vertraue auf den HERRN mit deinem ganzen Herzen und stütze dich nicht auf deinen Verstand! Auf all deinen Wegen erkenne nur ihn, dann ebnet er selbst deine Pfade!“ Der Verstand als einziger Maßstab verhindert etwas anderes: Vertrauen. Die Beziehungsebene. Auch zu Gott. Glaube gibt den Verstand nicht an der Pforte ab – aber gründet sich auch nicht auf ihn. Glaube ist und bleibt Wagnis aller Sinne.